Sunday, 15 February 2009

Gedanken zum Sonntag -- wieder zuhause

Liebe Leute in zumeist ferneren Landen

Vor gut einer Woche bin ich wieder auf diese wunderbare grosse Insel zurück gereist. Alles ist sehr gut gelaufen; Pünktlichkeit von Abfahrt in Bern bis Ankunft in Oban. Der Steigflug über den Nordwesten von London war spektakulär: Noch nie habe ich soviel England unter Schnee gesehen! Der Anflug auf Glasgow entlang der Westküste von Wales und Südschottland war wunderbar, mit einer unerwartet guten Weitsicht: die grosse südschottische Insel Arran ragte majestätisch zwischen dem Festland und der hügeligen Halbinsel von Mull of Kintyre herauf, mit den drei markanten Gipfeln der Insel Jura am orange-glühenden Horizont.

So wäre denn alles bestens in der besten aller Welten.
Doch finde ich natürlich immer ein Haar in der Suppe. Besonders aufgestossen ist mir die Tatsache, dass alle Reisenden im neuen Terminal 5 in Heathrow sich fotografieren lassen müssen. Das finde ich einfach eine Zumutung. Alle werden wir wie potentielle VerbrecherInnen behandelt!
(Klammer auf: Der neue Terminal 5 ist strukturell ganz ansprechend; offenbar haben sich die Architekten von Santiago Calatrava inspirieren lassen, ohne allerdings seine Leichtigkeit und Eleganz zu erreichen:
(Terminal 5: Stütze und Fensterfront)
(Terminal 5: Blick in den Aussenteil der Abflugshalle)
(Terminal 5: Detail der Deckenstruktur bei den Abflugsgates)
Klammer zu.)
Zurück zum Thema Überwachungsstaat:
Inzwischen gibt es Artikel über das schleichende Erodieren der Bürgerfreiheiten, ganz besonders auf den Britischen Inseln. Wir leben hier in einem richtigen Überwachungsstaat, angetrieben von einer allgemeinen Angshysterie vor Kriminellen und Terroristen. Nirgends sonst sei die Dichte der CCTV-Kameras so hoch wie im Zentrum von London. Also: Wer sich nicht gern fotografieren lässt, bleibt London fern!
Ein Beispiel:
Letzte Woche hat mich ein ausländisches Ehepaar, dessen Tochter hier in die High School geht, angefragt, ob ich ihrem Kind Nachhilfe in Englisch erteilen würde. Ich sagte, ich wolle es mir überlegen. Und schlug vor, dass der Teenager zu mir nach Hause käme, weil ich da Platz genug und Zugang zu Unterrichtsmaterialien habe, auch online.
Doch einer meiner Freunde, ein Primarschulleiter, meinte, das sollte ich nicht tun, denn dann würde ich mich der Gefahr aussetzen, als potentielle Sexualstraftäterin dargestellt zu werden, da das Kind ja noch minderjährig sei.
Leider spricht er aus Erfahrung, denn er ist oft mit solch absurden Situationen konfrontiert. Zwar findet auch er diese Überlegungen völlig daneben, doch weil er sehr exponiert ist, hält er sich immer auf der absolut sicheren Seite: So würde er es nie zulassen, mit einem seiner Schulkinder alleine in einem Schulzimmer zu sein. Mal ein Kind notfallmässig per Auto nach Hause zu fahren, kommt überhaupt nicht in Frage, wenn niemand ihn begleiten kann.
Mir scheint, die Leute begeben sich lieber in allerlei Gefahr, lassen sich lieber alle Bürgerfreiheiten absprechen und verpuffen Millionen in zweifelhafteste Überwachungsmethoden, anstatt das Geld in Bildung und Ausbildung zu investieren, die nicht nur ihrer eigenen jungen Generation zugute käme, sondern zum Beispiel auch den Menschen, die aus der sogenannten Dritten Welt zu uns kommen.
(7.2.09: Blick aus dem Flugi auf eine schneeüberzuckerte Landschaft)
Sonst aber ist alles bestens in der besten aller Welten. Meine lärmigen Nachbarn erlitten zwar einen mühsamen Rückfall von Freitag auf Samstag, der mir X Stunden Schlaf geraubt hat, doch ist es im Allgemeinen viel, viel besser, und ich habe inzwischen schon ein paar Nächte lang sechs Stunden am Stück schlafen können -- ein Rekord! Langsam fühle ich mich stabiler und ausgeruhter. Nun wünsche ich mir, dass es so ruhig bleibt.
Euch allen eine gute Zeit. Bis demnächst wieder. Und möge der Winter langsam doch dem Frühling Platz machen!