Meine Lieben
Einige von Euch wissen, dass ich im Juli eine Monsterautofahrt in die Schweiz unternommen habe. Die Woche in Bern und Umgebung hat mir sehr gut getan. Erstens habe ich die lange Autofahrt genossen, trotz etwas Stress, ob ich auf dem Rückweg rechtzeitig in Calais eintreffen würde -- es ist doch eher weit. Aber alles hat bestens geklappt, trotz einmal Verfahren, was dazu führte, dass ich kaum Strassenzoll zahlen musste. So wurde die Reise eine Spur billiger und auch schneller. Doch war der Verkehr überaus dicht und das Vorbeifahren an den riesigen Lastern während ein paar intensiven Regengüssen war wie in der Autowaschanlage, bloss mit heftigem Seitenwind -- interessant! Zum Fotografieren bin ich unterwegs kaum gekommen.
Dann war es natürlich wunderbar, alte FreundInnen und meine Familie wieder mal zu sehen. Ich fühle mich auch beruhigt, was die Gesundheit meiner Mutter betrifft: Sie sah wesentlich besser aus, als ich erwartet hatte. Jetzt fliegen meine Eltern dann schon bald für vier Wochen auf die Kanarischen Inseln, und die Wärme und Sonne dort wird ihnen gut tun.
Auch sonst habe ich es sehr genossen, viele Leute zu sehen. Natürlich wäre das auf die Dauer kaum auszuhalten, aber so sechs Tage lang war es sehr schön.
Es war auch fein, endlich mal mit meiner alten England-Freundin Maggi in Südengland länger zu plaudern, zu sehen, wie und wo sie wohnt und lebt und arbeitet. Und festzustellen, dass es keine 30 Autominuten westlich von Heathrow wesentlich weniger unangenehm ist, als ich mir das vorgestellt hatte. Leider fliegen die Flieger genau dann über ihr Gärtchen, wenn das Wetter schön und stabil ist und zum Drausseinsein einlädt, aber über Taplow sind die Maschinen schon ziemlich hoch, so dass der Lärm einigermassen erträglich ist. Dort wohnen möchte ich trotzdem nicht, aber ich habe bei Maggi sehr viel besser geschlafen als hier in Oban.
Schlaflose Nächte hier in Oban haben allerdings bald ein Ende, denn Anfang November ziehe ich in ein kleines Haus in Kilmore, ein winziges Dörfchen ca. 10 Autominuten südlich von Oban auf dem Weg nach Kilmelford und Kilmartin. Das Haus liegt an einem Hang am Ende eines Privatsträsschens. Der "utility room", die grosse Wohnküche (mit grossen Fenstern und direktem Ausgang auf die Holzterrasse und in den Garten) und die zwei kleineren Schlafzimmer haben Südsicht; das grössere Schlafzimmer mit eigener Dusche mit WC/Lavabo, das Bad, das Wohn- und Studierzimmer blicken gegen Norden. Anders rum wäre mir eigentlich lieber, aber so bauten sie hier halt in den 60er/70er Jahren. Ungefähr so alt ist das Haus.
Es gehört einer Bekannten aus dem hiesigen Book Club. Sie ist Spitalapothekerin und hat inzwischen in Inverness Arbeit auf ihrem Gebiet gefunden; ihr Mann arbeitet schon seit ein paar Jahren dort. Das Haus hier wollen sie nicht verkaufen; ich werde also wieder Mieterin. Und jetzt bin ich am Suchen eineR MieterIn für meine Wohnung, denn verkaufen will ich im Moment nicht. Haltet mir die Daumen, bitte.
Zum Glück habe ich immer viel zu tun. Morgen Abend singe ich mit drei Freundinnen und einer Amateur-Swing Band ein Lied aus den frühen 60er Jahren (Blame it on the Bossa Nova –
http://www.youtube.com/watch?v=EGePPsXaX8g) -- das wird spassig! Zudem kommt in ca 3 Wochen der alte Tom, der mir vor zwei Jahren bei der Wohnungsrenovation geholfen hat. Er wird meine 7 hässlichen Tannnenholztürrahmen weiss malen, was die ganze Wohnung optisch heller und grösser erscheinen lassen wird. Die Türblätter hat er ja schon vor zwei Jahren weiss gemalt, was schon viel ausgemacht hat.
Tuesday, 31 August 2010
Friday, 20 August 2010
Für einmal eine ganz gute Nachricht aus Myanmar (früher Burma)
Meine Lieben alle
Soeben habe ich eine wunderschöne Nachricht erhalten von jemandem, den ich noch gar nie gesehen habe, aber dessen Idee und Leben mich tief beeindrucken. Ihr habt schon von ihm gehört, Toni Rüttimann, auch bekannt als "Toni El Suizo". Er hat in Lateinamerika Brücken aus "Resten" gebaut und ist seit einiger Zeit in Südostasien dran, das Modell zu replizieren. Mit grossem Erfolg.
Doch lest selber, was Toni heute schreibt:
Die Erlaubnis
Yangon, Myanmar, 20. August, 2010
Niemand gab mir grosse Hoffnung: Weder Diplomaten, noch Leute von den Vereinten Nationen, noch Geschäftsmänner, und auch so manche Meldungen in den internationalen Medien nicht.
"Toni, du kannst nicht einfach nach Myanmar hineinlaufen mit einem 'Hallo, ich baue Brücken für die Armen', und meinen, die Regierung werde die Tür für dich öffnen."
Dennoch, genau so geschah es.
Ich übergab in Yangon meinen Brief und die Brückenbilder einem Mitglied der Regierung und vier Tage darauf erhielt ich die Genehmigung aus der Hauptstadt Nay Pyi Taw, die 320 Kilometer weiter nördlich liegt. Vier Tage. Wovon zwei ein Wochenende waren.
Zuoberst, sagte man mir, blieb nur noch eine einzige Frage nach Begutachtung des Dokuments:
"Und dieser Brückenbauer, ist er Teil einer Organisation?"
"Nein, Sir, ist er nicht." Der präsentierende General hatte den Hintergrund prüfen lassen.
"Dann ist es in Ordnung."
Ein schönes Leben
In der heutigen Welt scheint es schwer zu glauben, dass einer einfach durchs Leben gehen kann als Brückenbauer mit den Menschen, ohne Haus und Adresse, ohne Businessplan und Zugehörigkeit zu einer Organisation.
Aber im Falle von Myanmar könnte dies erklären, wieso sich die Tür sofort öffnete.
Das erste Treffen mit dem Vize-Minister, dem ich rapportiere, dauerte nicht die üblichen 10 Minuten sondern eine Stunde. Er stellte Fragen und hörte aufmerksam zu, wie es war, in Kambodscha zu arbeiten, in Vietnam, in Laos, ob und auf welche Weise mir deren Regierung geholfen hatte, und was ich von der Regierung Myanmar's brauchen werde. Dann sagte er:
"Schauen Sie, Toni, ich bin ein Soldat, geboren im Kachin Staat, von wo aus ich durch die ganze Union gezogen bin. Ich kenne das Leben auf dem Lande, und weiss, wie hart es ist für die Bauern. Sie sagen nun, dass Sie den Bauern seit Ihrem 19. Lebensjahr helfen. Und gratis."
Er blickte mir gerade in die Augen, "Sagen Sie mir, wirklich: Warum tun Sie das?"
"Aus drei Gründen, Sir", sagte ich langsam.
"Erstens, weil ich das Leiden der Leute hinter den Flüssen sehe, und weiss, wie wir es lindern können. Zweitens, weil ich zum Brückenbauer geboren wurde. Ich schaue zurück und erkenne den Weg. Drittens, und am wichtigsten, weil ich es wirklich tun will. Jeden Tag. Denn auch wenn man weiss wie, und auch wenn es in seinem Schicksal steht, wenn man es nicht tun will, passiert gar nichts."
Der Vize-Minister schaute seine Hände auf dem Tisch an. Eine Minute völliger Stille an einem grossen Sitzungstisch ist eine lange Zeit für all die anderen Anwesenden.
Schliesslich schaute er auf, und sagte ernst, aber herzlich:
"Sie haben ein sehr schönes Leben, Toni. Ich wünschte, ich könnte dies in meinem Leben tun. Bitte sagen Sie uns, was wir tun können, um Ihnen zu helfen. Sagen Sie es uns wirklich."
Das Resultat
Heute, 20 Monate danach, sind 25 Brücken fertiggestellt und 12 weitere im Bau, für insgesamt rund 300'000 burmesische Bauern in diesem weiten Land. 300'000 Menschen. So hoch ist die Bevölkerungsdichte hier und so hoch die Nützlichkeit der Brücken.
Die Behörden von Myanmar haben sofort geholfen mit Importerlaubnissen für die 28 Schiffscontainer mit Stahl und Seilen aus Argentinien, Brasilien, Italien, der Türkei und der Schweiz, sowie für einen alten Kranlastwagen aus Thailand. Sie leihen uns einen sicheren Lager- und Schweissplatz in einer staatlichen Werft in Yangon. Und von dort unterstützen sie uns mit Langstreckentransporten ins ganze Land mit Lastwagen, Boot und Eisenbahn.
Uns bleiben hier noch weitere 370 Tonnen an Material für weitere 30 Brücken oder so. Wenn all dies eingesetzt ist, kann es durchaus bedeuten, dass eine halbe Million Burmesen dann eine Brücke über ihre Wasser haben.
Der Gedanke bringt mich zum Staunen. Wie einfach wäre es gewesen, es nicht zu versuchen, nicht zu hoffen, nicht den ersten Schritt und dann all die folgenden zu tun.
Gut habe ich's versucht.
Toni El Suizo, Brückenbauer
MPJ's PS: Leider ist es mir nicht gelungen, Tonis schöne Fotos aus Myanmar hierhin zu transferieren. Und eine Website hat der Weltenbummler auch nicht. Aber es gibt natürlich viele andere Fans von Toni. Swissinfo hat eine Seite über ihn und auch auf Wikipedia finden sich Informationen über Toni.
Soeben habe ich eine wunderschöne Nachricht erhalten von jemandem, den ich noch gar nie gesehen habe, aber dessen Idee und Leben mich tief beeindrucken. Ihr habt schon von ihm gehört, Toni Rüttimann, auch bekannt als "Toni El Suizo". Er hat in Lateinamerika Brücken aus "Resten" gebaut und ist seit einiger Zeit in Südostasien dran, das Modell zu replizieren. Mit grossem Erfolg.
Doch lest selber, was Toni heute schreibt:
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Die Erlaubnis
Yangon, Myanmar, 20. August, 2010
Niemand gab mir grosse Hoffnung: Weder Diplomaten, noch Leute von den Vereinten Nationen, noch Geschäftsmänner, und auch so manche Meldungen in den internationalen Medien nicht.
"Toni, du kannst nicht einfach nach Myanmar hineinlaufen mit einem 'Hallo, ich baue Brücken für die Armen', und meinen, die Regierung werde die Tür für dich öffnen."
Dennoch, genau so geschah es.
Ich übergab in Yangon meinen Brief und die Brückenbilder einem Mitglied der Regierung und vier Tage darauf erhielt ich die Genehmigung aus der Hauptstadt Nay Pyi Taw, die 320 Kilometer weiter nördlich liegt. Vier Tage. Wovon zwei ein Wochenende waren.
Zuoberst, sagte man mir, blieb nur noch eine einzige Frage nach Begutachtung des Dokuments:
"Und dieser Brückenbauer, ist er Teil einer Organisation?"
"Nein, Sir, ist er nicht." Der präsentierende General hatte den Hintergrund prüfen lassen.
"Dann ist es in Ordnung."
Ein schönes Leben
In der heutigen Welt scheint es schwer zu glauben, dass einer einfach durchs Leben gehen kann als Brückenbauer mit den Menschen, ohne Haus und Adresse, ohne Businessplan und Zugehörigkeit zu einer Organisation.
Aber im Falle von Myanmar könnte dies erklären, wieso sich die Tür sofort öffnete.
Das erste Treffen mit dem Vize-Minister, dem ich rapportiere, dauerte nicht die üblichen 10 Minuten sondern eine Stunde. Er stellte Fragen und hörte aufmerksam zu, wie es war, in Kambodscha zu arbeiten, in Vietnam, in Laos, ob und auf welche Weise mir deren Regierung geholfen hatte, und was ich von der Regierung Myanmar's brauchen werde. Dann sagte er:
"Schauen Sie, Toni, ich bin ein Soldat, geboren im Kachin Staat, von wo aus ich durch die ganze Union gezogen bin. Ich kenne das Leben auf dem Lande, und weiss, wie hart es ist für die Bauern. Sie sagen nun, dass Sie den Bauern seit Ihrem 19. Lebensjahr helfen. Und gratis."
Er blickte mir gerade in die Augen, "Sagen Sie mir, wirklich: Warum tun Sie das?"
"Aus drei Gründen, Sir", sagte ich langsam.
"Erstens, weil ich das Leiden der Leute hinter den Flüssen sehe, und weiss, wie wir es lindern können. Zweitens, weil ich zum Brückenbauer geboren wurde. Ich schaue zurück und erkenne den Weg. Drittens, und am wichtigsten, weil ich es wirklich tun will. Jeden Tag. Denn auch wenn man weiss wie, und auch wenn es in seinem Schicksal steht, wenn man es nicht tun will, passiert gar nichts."
Der Vize-Minister schaute seine Hände auf dem Tisch an. Eine Minute völliger Stille an einem grossen Sitzungstisch ist eine lange Zeit für all die anderen Anwesenden.
Schliesslich schaute er auf, und sagte ernst, aber herzlich:
"Sie haben ein sehr schönes Leben, Toni. Ich wünschte, ich könnte dies in meinem Leben tun. Bitte sagen Sie uns, was wir tun können, um Ihnen zu helfen. Sagen Sie es uns wirklich."
Das Resultat
Heute, 20 Monate danach, sind 25 Brücken fertiggestellt und 12 weitere im Bau, für insgesamt rund 300'000 burmesische Bauern in diesem weiten Land. 300'000 Menschen. So hoch ist die Bevölkerungsdichte hier und so hoch die Nützlichkeit der Brücken.
Die Behörden von Myanmar haben sofort geholfen mit Importerlaubnissen für die 28 Schiffscontainer mit Stahl und Seilen aus Argentinien, Brasilien, Italien, der Türkei und der Schweiz, sowie für einen alten Kranlastwagen aus Thailand. Sie leihen uns einen sicheren Lager- und Schweissplatz in einer staatlichen Werft in Yangon. Und von dort unterstützen sie uns mit Langstreckentransporten ins ganze Land mit Lastwagen, Boot und Eisenbahn.
Uns bleiben hier noch weitere 370 Tonnen an Material für weitere 30 Brücken oder so. Wenn all dies eingesetzt ist, kann es durchaus bedeuten, dass eine halbe Million Burmesen dann eine Brücke über ihre Wasser haben.
Der Gedanke bringt mich zum Staunen. Wie einfach wäre es gewesen, es nicht zu versuchen, nicht zu hoffen, nicht den ersten Schritt und dann all die folgenden zu tun.
Gut habe ich's versucht.
Toni El Suizo, Brückenbauer
*****
MPJ's PS: Leider ist es mir nicht gelungen, Tonis schöne Fotos aus Myanmar hierhin zu transferieren. Und eine Website hat der Weltenbummler auch nicht. Aber es gibt natürlich viele andere Fans von Toni. Swissinfo hat eine Seite über ihn und auch auf Wikipedia finden sich Informationen über Toni.
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