Tuesday, 30 December 2008

Protestkundgebungen gegen israelische Angriffe auf Gaza

Liebe Leute

Heute schicke ich einen Aufruf weiter für Kundgebungen gegen die überaus gewalttätigen, völlig überrissenen Angriffe Israels auf die Menschen in Gaza. Ich bin nicht mit allem einverstanden, was Hamas tut, aber Israel schadet letztlich sich selber mit diesen Angriffen, die die seit Monaten andauernde, illegale Blockade krass verschlimmern.
Europa sollte sich auch in den A--- klemmen und endlich klar Stellung nehmen, gleich ob das jetzt der Regierung im Weissen Haus passt oder nicht.


Hier also der Aufruf:

***
Kundgebungen gegen die israelischen Angriffe in Gaza:

Basel
: Mi. 31. Dez. 15 h, Claraplatz: Protest gegen die Bombardierung des Gazastreifens

Zürich: Mittwoch, 31.Dez., 13.00 Helvetiaplatz: Protestmarsch Für einen gerechten Frieden - Schutz und Würde für die Palästinenserinnen

Bern: Fr. 2. Jan., 14.00: Kundgebung STOPPT DIE MASSAKER AM PALÄSTINENSISCHEN VOLK!

Alle weiteren Angaben auf www.nahostfrieden.ch/veranstaltungen

Aktuelle Berichte ausserhalb der CH-Tagespresse finden Sie u.a. auf

www.arendt-art.de/deutsch/palestina/ (deutscht)

http://groups.google.com/group/newprofile?hl=en

www.freegaza.org


... und noch ein Bericht, der bereits am 10. Dezember 2008 erschienen ist:
UN-Berichterstatter verurteilt israelische "Verbrechen gegen Menschlichkeit"
Richard Falk: Zivilbevölkerung in den Palästinensergebieten darf "nicht kollektiv bestraft" werden - Er fordert die Prüfung einer Klage gegen die Blockade im Gaza-Streifen.
****
Peace, Shalom, Salaam!

Thursday, 6 November 2008

Am Sonntag sinds sechs Monate...

Oban, Abenddämmerung, September 2008
Guten Tag, allerseits!
Schon fast sechs Monate, ein halbes Jahr, dass ich hier im schönen Oban lebe und arbeite. Die Zeit ist mir wie im Flug um die Ohren gesaust.
Die ersten Frostnächte liegen hinter uns, ...
... doch ist noch viel Laub an den Bäumen. Langsam verschiebt sich die Farbskala von Rot-Orange-Gelb ins Braun-Rostige, und auf den Strassen und Trottoirs liegt das dürre Laub. Aber reizvoll ist auch dieser Anblick, vor allem in den letzten fünf, sechs Tagen -- da hatten wir fast immer strahlendes Wetter, kristallklare Nächte mit sternübersätem Himmel -- wunderbar.
Gestern habe ich still und leise mit der ganzen Welt die überaus deutliche Wahl von Barack Obama in den USA gefeiert. Das gibt doch wieder ein wenig Hoffnung, dass nicht alles verloren ist, nicht wahr?
Doch sonst verläuft mein Leben zur Zeit eher apolitisch. Im Grossen Ganzen habe ich es hier viel besser als erwartet. Mein Kreis von FreundInnen, Bekannten und NachbarInnen, mit denen ich mich gut verstehe, ist schon ganz beachtlich. Das ist das Schöne an einem nicht so grossen Ort: Man lernt sich relativ rasch kennen. Jedenfalls kommt es oft vor, dass ich auf einer Strecke von 200 Metern im Städtchen vier, fünf Bekannte treffe. Da kommt man nicht schnell voran, weil doch mit jedem kurz ein Schwatz abgehalten werden muss.
Die meisten meiner NachbarInnen sind überaus liebenswürdige Menschen. Im Haus nebenan gibts bald Wechsel, weil die junge Frau im Parterre mit Zwillingen schwanger ist. Sie leidet extrem an Übelkeit, den ganzen Tag, die Ärmste. Sie werden dennoch bald in eine grössere Wohnung umziehen. Schade, denn ich mag diese ganze Familie überaus gut. Das Töchterchen ist eines der entzückendsten Kinder, die mir je unter die Augen gekommen sind: aufgeweckt, offen, ein wenig frech, immer mit einem Lachen im Gesicht und einem Funken Schalk in den Augen. Zudem ein bildhübsches Wesen mit grauen Augen und dunklen Locken. Ihre Freundin wird sie vermissen und ich auch.
Gestern war hier Bonfire Night, so was ähnliches wie in der Schweiz der 1. August, und da ging es in der Wohnung unter meiner ziemlich hoch her, mit Palaver und Musik. Ist ja auch ok. Aber dass die lieben Nachbarn ab Mitternacht und bis um 1h15 beschlossen, irgendetwas mit Gehämmer und Gepolter im Badezimmer zu flicken, nehme ich an, fand ich schon ein wenig den Gipfel. Ich habe dann laut um Ruhe gebeten, das hat genützt. (Und heute habe ich halt wieder einmal eine Beschwerde an die Hausverwaltung abgeschickt.) Wieso ich nicht schon längst wieder ausgezogen bin? Weil ich mich sonst hier sehr wohl fühle. Und solche Aussicht geniesse: Zudem ist es hier so ruhig wie nirgends, wo ich bisher gewohnt habe. So komme ich immer wieder dazu, mich sehr gut zu erholen.
Zum Glück wohnt im Moment niemand oben, die/den ich mit meinem Geschrei stören könnte -- die junge Nachbarin mit ihrer Tochter und ihrem unmöglichen Hund sind vor knapp zwei Wochen ausgezogen -- hurrah! Sie haben mir noch keinen Moment lang gefehlt, obschon ich mich nicht unbedingt schlecht mit ihnen verstand, bis zum Tag, als ich mich dagegen wehrte, dass sie ihren Hund in "meinem" Garten rumrennen lässt. Das hat sie ganz schlecht goutiert, doch ich sagte bloss: Du kannst den Garten gerne mitbenutzen, aber dann arbeitest Du auch mit. Bisher habe ich alles alleine gemacht: Gras geschnitten, Unkraut gejätet, Sträucher zurückgestutzt, Stauden, Pflanzen, Blumen gesetzt. Und das macht mir ja auch Spass. Aber wenn ich schon die ganze Arbeit mache, will ich auch bestimmen, wer hier rumfuhrwerkt. Kinder sind ok. Doch Hunde will ich nicht, denn sonst kommen alle von ringsum und verkoten alles. Im Haus nebenan dürfen die Hunde das, aber ich finde es ekelerregend in einem Rasen, auf dem dann Kleinkinder rumkrabbeln und spielen, auch wenn der Kot eingesammelt wird.
Item. Zum Thema Hund könnte ich mich inzwischen stundenlang auslassen, das ist schon fast zu meinem Lieblingsärger geworden. Ich glaube, 50-75% aller Leute, die hier leben, haben einen Hund, gleich ob sie in einem grossen Haus mit Garten leben, wo das ja durchaus ok ist, oder in einer winzigen Wohnung, wie hier, wo ich es eben nicht ok finde, schon nur für die Tiere nicht. Der Hund der Nachbarin oben war völlig gestört -- er hat gejault und geheult wie ein Wolf, weil ihm so langweilig war, stundenlang allein in der Wohnung eingesperrt. Er war ein Findlingshund, sicher mit unschönen frühen Erfahrungen, Trennungstrauma und so, zudem eine Mischung zwischen Labrador und Border Collie, also recht gross und völlig unterfordert, weil er auf keinen Fall auf seine 10-15 Meilen pro Tag kam. Jetzt wohnen sie in einem Häuschen etwas ausserhalb von Oban, in der Nähe der Mutter meiner ex-Nachbarin, wos einen grossen Garten und viel Auslauf hat für das Tier. Ich bin froh für sie; die junge Frau war 8 Jahre lang auf der Warteliste!
Was noch? Ich singe seit zwei Wochen im Oban Bach Choir mit und bin inzwischen auch bereits voll einbezahltes Mitglied. Alles überaus charmante Menschen, freundlich, froh, mich dabei zu haben. Wir proben Elias/Elijah von Mendelssohn, pietistisch-religiös, nicht allzu schwierig zu singen, aber mit ganz passabel dramatischen Teilen und dann wieder so richtig schwelgerisch-pathetischen Chorälen. Eigentlich gar nicht mein Ding, aber es ist einfach schön, mit anderen Menschen zu singen und die Stimmen zusammen zu bringen. Ich hab von Anfang an klar gemacht, dass ich mit der Kirche nichts am Hut habe, aber das ist ok für alle, was ich schön finde.
Im Moment habe ich grad so gäbig zu tun, immer ein wenig aber nicht so, dass mir für nichts anderes mehr Zeit bleibt. Und so bereite ich mich darauf vor, am Sonntag meine Wohnung für ein paar FreundInnen und NachbarInnen zu öffenen, für eine offizielle Hausräuche! Das gibt hoffentlich ein volles Haus einen Nachmittag lang. Ich freue mich schon, muss aber noch tüchtig aufräumen.
Soviel für heute. Auf bald wieder.

Monday, 3 November 2008

Mein "kleines" Brüderchen ist 50!


Guten Tag

Heute hat mein "kleiner" Bruder Geburtstag, den ganz besonderen, der das halbe Jahrhundert markiert. Hier eine Geburtstagsfoto für ihn (vom 8.2.08, etwa dort geht jetzt die Sonne unter hinter der Nordspitze von Kerrera, einer kleinen Insel, die Oban vorgelagert ist).

Happy birthday, R.!

Tuesday, 7 October 2008

Schon fast fünf Monate...

Meine Lieben alle

Bald sind es fünf Monate, seit ich mich hier niedergelassen habe. Die Zeit rast!

Ich bin hier viel mit dem Velo auf Achse, das ist herrlich! Mein rotes Velo zieht viel Aufmerksamkeit auf sich; "normale" VelofahrerInnen gibts hier noch nicht viele. Die meisten keuchen mit schweren Sacochen und in voller Weitreisemontur die Hügel rauf und runter und machen in Oban Halt, wo es Reparaturwerkstätten und Einkaufszentren sowie ein paar Unterkünfte à la Jugi, also nicht zu teuer, gibt .
Selber habe ich erst einen eher langen Ausflug gemacht, ins Hinterland auf einer kleinen Nebenstrasse. Das finde ich weniger stressig als die Fahrt entlang der Hauptstrasse in den Süden.
Die Fahrspuren sind schmaler hier als in der Schweiz -- mir kommt immer wieder die Erinnerung an unsere Hauptstrassen in den 50er/60er Jahren in den Sinn. Etwa so ist es hier.
Die Besitzer kleiner Geschäfte beklagen sich übrigens bitterlich über den erbärmlichen Zustand des Strassennetzes! Es scheint, dass in den letzten 20, 30 Jahren alles Geld in den Ausbau der Strassen rund um die Zentren Edinburgh und Glasgow geflossen ist. Da gibts vier-, fünf- und sechsspurige Autobahnen, zum Teil mitten durchs Zentrum.

Weil der öffentliche Verkehr schlecht ausgebaut ist -- Oban hat drei Züge pro Tag, und die für hiesige Verhältnisse sehr teure Zugsreise nach Glasgow dauert über drei Stunden (im Auto normalerweise ca. 2,5); die günstigeren Busse fahren praktisch zur genau gleichen Zeit wie der Zug, und zwei Busgesellschaften konkurrenzieren sich mit Reisezeiten innert ca. 10 Minuten -- benutzen praktisch alle den PW. Es ist eine Negativspirale: weil alle die Strassen benutzen, sind diese total überlastet, und weil der öV schlecht ausgebaut ist, wird er kaum genutzt.

Aber sonst gefällt mir das Leben hier ausgesprochen gut. Ich fühle mich wohl, habe ein paar gute FreundInnen und auch sonst ein recht reges Sozialleben und komme manchmal kaum dazu, meinen ganz eigenen Hobbies zu frönen. Lesen schon, das lasse ich mir nicht nehmen. Aber die Flöte habe ich in den letzten paar Monaten kaum angerührt, vom Malen ganz zu schweigen! Es wird dann schon...

Soodeli, das wärs für heute. Auf hoffentlich bald wieder einmal. Ich denke oft und gerne an Euch alle und hoffe, diese Zeilen finden Euch alle wohlauf.
:)

Saturday, 27 September 2008

Oban -- BesucherInnen

Guten Tag! :)

Heute früh ist mein Besuch Nr. 5 nach bloss einer Nacht weitergereist. Mein geheimes B&B kommt in Fahrt! Wobei ich ja wirklich nicht Geld nehme, mich aber gerne schön zum Essen einladen lasse.
Das hat der Besuch gestern Abend auch getan. Wir haben ein ausgezeichnetes Diner genossen im Ee-usk, dem super Fischrestaurant am Nordpier von Oban. Leider war das Wetter nicht ganz so strahlend schön wie Anfangs Woche, als ich diese Foto geknipst habe:
Besuch Nr. 5 war ein junger Mann, der für eine Woche hier in Schottland seinem Lieblingssport, dem Hill-Running, frönt. Gestern rannte er von Fort William in ca 90 Minuten auf den Ben Nevis hinauf, das ist der höchste Berg in Schottland, und in der gleichen Zeit wieder runter! Normale Menschen brauchen dafür etwa drei Stunden, eher mehr. Und für den Abstieg noch einmal soviel. Also, ich müsste da wohl noch ziemlich trainieren, schon nur für einen gemütlichen Auf- und Abstieg.
Der ausgesprochen nette junge Mann hat mich gestern Abend und heute früh mit anregenden Gesprächen verwöhnt. Sie griffen weit ins Leben, in die Philosophie, in die Literatur. Ich habs sehr genossen und festgestellt, dass ich hier schon noch ein wenig Geduld haben muss und nur hoffen kann, hier noch ein paar Intellektuelle mehr kennen zu lernen.
Aber das heisst gar nicht, dass es mir nicht gefällt. Die allermeisten Menschen hier sind sehr grosszügig, warmherzig, liebenswürdig!

Friday, 12 September 2008

Die Wildnis ist weg

Guten Tag!

Vor ein paar Wochen habe ich in der Morgendämmerung einer schwarzen Katze zugeschaut, die vom hohen Lattenzaun hinab es sich lange, lange überlegte, ob und wie sie in die Wildnis tief unter ihr hinunter käme... Auf meiner Website gibt es dazu ein Prosagedicht auf englisch. Wer mich kennt, weiss, wie sie/er auf die Website kommt. Wer sich für die Webadresse interessiert, darf mir gerne einen Kommentar hinterlassen, den ich nicht auf dieses Blog setzen werde.
Hier ein Bildli nur von der "Wildnis", in die die Katze geschwebt ist:
Und so sah der Ort vorgestern aus:
Seit gestern ist der Ort völlig verändert:
So sah es kurz nach 9Uhr Vormittags aus (oben), und so sah es gegen 15Uhr, nach dem "Einfall" von etwa zehn Männern mit Hacken, Macheten, Stechschaufeln, Sägen usw., aus (unten):
Mir ist es zum Teil ganz recht, wenn die Nesseln und Winden, der grosse Bärenklau, der japanische Knöterich und das japanische Springkraut und was es sonst so an Neophyten hatte, weg sind. Aber das grosse Weidekraut mit seinen tiefrosa Blüten und in letzter Zeit rostroten Stengeln und rosamilchigen Samenständen war doch ganz hübsch anzusehen.
Eine rote Katze hat sich gestern Abend, als die Männer alle weg waren, ganz, ganz süüferli wieder ins Gelände gewagt, Pfötchen um Pfötchen aufgesetzt, manchmal wieder zurück gezogen. Es muss für sie und die anderen wenigen Katzen in der Nachbarschaft ein ziemlicher Schock sein.
Die Vögel allerdings freuen sich ob den Millionen von Samen, die jetzt einfach zugänglich umherliegen. Und ringsum hats ja noch viele Stauden und Sträucher, wo sich die Meisen laben können. Zum Glück!

Sunday, 22 June 2008

Einleben

Ich lebe mich langsam ein in Oban; was neu war wird “normal”, doch viel Routine habe ich noch nicht gespürt: an jeder Ecke gibts Neues, Überraschungen, Ungewöhnliches. Ich finde es total spannend, langsam unter die Oberfläche zu gelangen, zu sehen, was die Leute bewegt, die immer hier leben und nicht so leicht weggehen können, weil sie kein Geld haben.

So viele leben hier ganz knapp über der Armutsgrenze, so viele haben nur minimale Bildung, wenig Aussichten — und doch schaut der Staat ganz gut und gibt es viele Möglichkeiten, sich Unterstützung zu holen. Und weil so viele betroffen sind, scheint mir auch kein Stigma damit verbunden zu sein. Das heisst dann aber auch, dass sich die Leute einrichten in ihrer Situation, keinen grossen Ansporn haben, sich daraus wegzuhieven. Das jedenfalls ist mein erster Eindruck nach nunmehr sechs Wochen in einem Ortsteil am Rand des Städtchens, der genau an der Grenze zwischen eher wohlhabenden und eher unterprivilegierten Menschen liegt.

Zum Glück scheint meine Situation wenigstens zur Zeit sehr komfortabel zu sein: ich habe Arbeit in Hülle und Fülle, was heisst, dass ich die Umzugskosten usw. ganz gut habe wegstecken können. Darüber bin ich extrem froh, denn wer weiss, was die nächsten Jahre bringen. Doch mache ich mir darüber Gedanken, wenn es soweit ist. Wir wissen ja so wenig, schon die nächsten fünf Minuten liegen im Dunkel...

Viel Arbeit heisst aber auch, dass ich kaum dazu komme, meine Wohnung weiter einzurichten und alles fertig auszupacken. Es ist mir nicht sehr wohl dabei, aber hoffentlich geht es ab nächster Woche endlich wieder vorwärts, denn mein kleines Zimmer Südzimmer, das ich als Büro/Schlafzimmer benutzen will, sollte dann fertig werden. Morgen schleifen “mein” Handwerker Tom und ich den Parkettboden dort, der jetzt lückenlos ergänzt ist durch stilgerechte, neue Buchentäfelchen (Foto folgt). Natürlich heisst Schleifen viel Lärm und Staub, doch der nette Verkäufer im Eisenwarenladen hat mir die Staubmasken grad geschenkt, nachdem wir uns ein wenig über das Leben und die Welt unterhalten hatten. Hier nehmen sich die Leute gerne Zeit für einen Schwatz, das finde ich wunderbar.
Den geschliffenen Parkettboden will ich ölen; ich mag es nicht, wenn eine Lackschicht rumstinkt und das Holz am Atmen hindert. Daumen halten, dass alles klappt, denn am Donnerstag kommen definitiv die neuen Büchergestelle und ein Büromöbel auf Rollen, so dass ich meine Bücher fertig auspacken und den Arbeitsplatz einrichten kann.
Endlich habe ich mich auch für ein zweites Bett entschieden, so dass meine Wohnung hoffentlich bereit ist, wenn am 11.7. der erste Besuch, eine liebe Freundin aus der Schweiz, eintrifft. Darauf freue ich mich sehr; es wird spannend sein, mit ihr die Umgebung ein wenig ausführlicher zu erkunden.
Eine liebe Nachbarin hat mir den Gebrauch ihres Fahrrads zugesagt; das muss dann auch noch ein wenig auf Vorderfrau gebracht werden, sollte aber klappen.
Es ist sehr praktisch, hier ein Velo zu haben; ich jedenfalls bin extrem froh, dass ich meines mitgebracht habe. Langsam, langsam begreifen die Menschen auch hier, dass Schluss ist mit Autofahren für kurze und kürzeste Strecken. Der Preis für Benzin und Diesel ist ja so hoch, dass es wirklich durchschlägt aufs Budget, und so sieht man immer mehr Menschen auf dem Velo durchs Städtchen huschen.
Am eindrücklichsten sind für mich immer noch die FernstreckenradlerInnen. Letzten Mittwoch am frühen Nachmittag habe ich beim Coop unten in der Flussebene kurz mit einer jungen Frau aus Quebec City (Kanada) gesprochen, die zuerst quer durch Irland geradelt ist, dann per Fähre nach Islay (?). An dem Tag, als wir uns trafen, ist sie früh morgens per Fussgänger- und Velofähre von Islay nach Tayvallich übergesetzt und hat dann die rund 70 km lange Berg- und Talstrecke von dort unten bis hier nach Oban rauf zurück gelegt -- bei strömendem Regen, aber wenigstens fast ohne Wind. Sie war ganz durchnässt, sah aber strahlend gesund aus und voll "Pfupf".

Saturday, 14 June 2008

Ein paar visuelle Eindrücke

Hallo!
Letzte Woche hat mich in meiner Diele dieser Strauss von hängenden Blüten aus dem Garten begrüsst. Sie tränen allerdings ganz zuckrig – ich weiss nicht, ob ich nochmals einen Strauss schneiden will. Sie kommen von einer Staude, fast ein Gjätt, die einen hübschen Fuchsiabusch in die Zange nimmt. Ich werde da wohl ein wenig herausschneiden müssen.
Weiss jemand, wie diese Staude heisst? Ist sicher ziemlich ungesund...
Im Garten unten hat es eine Rabatte mit vielen Kräutern, unter anderem einen riesigen Busch mit blühender Salbei:Im folgenden ein paar Eindrücke aus meiner neuen Wohnung. Die neuen Büchergestelle sind noch nicht eingetroffen, der Boden im Südzimmer ist noch nicht fertig, weil die Parkettfirma zuerst gefunden werden und das fehlende Stück in Sonderanfertigung herstellen musste -- es ist unterwegs -- nächste Woche sollte es vorwärts gehen, ...
... ich habe noch keinen Kleiderschrank -- längst ist noch nicht fertig ausgepackt, aber ich richte mich rund um die Bücherschachteln langsam ein, und ein paar Stellen sehen bereits fast wohnlich aus, zum Beispiel der bequeme Ohrensessel unter der Litho von Lilly Keller (Gri-Gri, 1983, Abzug 2 von 25), dem allerersten Bild, das ich ausgepackt habe, was ein reiner Zufall war, denn ich hatte die Bilder nicht angeschrieben:Man beachte den Gasofen -- ein Original aus den 1960er Jahren -- sehr effizient, aber sowas von hässlich -- und nicht ganz ungefährlich! Doch werde ich vorsichtig sein und Brennbares auf sichere Distanz stellen, sobald ich heizen muss. Das Sofa war schon in der Wohnung, wie auch zahlreiche andere Möbel. Es ist ein riesiger Dreisitzer, viel zu gross, zu klobig, zu weich, aber als Landeplatz für Bücherkisten grad richtig... ;)
Mein temporärer Arbeitsplatz. Inzwischen ist ein nigelnagelneuer Bürostuhl mit fast allen Schikanen eingetroffen, der Falttisch ins Südzimmer gezügelt, wo er als Esstisch dient (aber nicht mehr lange: ich hasse wacklige Tische), und die Aussicht hat sich auch verändert: im Strässchen wird gegraben, die Farben sind bunt:
Diese Foto widme ich meinem Vater -- Du würdest Dich freuen, denke ich!

Die Küche hat an der Wand über dem Küchentischchen zwei superpraktische Stahlrohrtablare, zu denen ich schöne S-Haken gekauft habe: jetzt ist der Platz gut ausgenützt und was ich oft brauche schnell zur Hand.
Ich wohne im Schachtelparadies -- einem Paradies für Schachteln, ...
aber die Bettecke ist sehr bequem, und ich schlafe ausgezeichnet -- wenn mich die lärmigen NachbarInnen schlafen lassen... ;)
Mein Bijou, das Südzimmer, wo ich arbeite (und auch schlafen werde, wenn Besuch kommt):Nochmals zurück in den Garten: da lugt zwischen den Zaunlatten eine riesige Clematis herüber. Die Staude gehört in meinen Bereich, und ich fühle mich schon ganz territorial...
Daneben hats auch Geissblatt in verschiedenen Varianten und einen hübsch rosa blühenden, stachligen Busch -- eine Schwarzdornzüchtung?
Zum Schluss der Anfang: eine künstlerische Umsetzung eines nicht besonders erfreulichen Anblicks: in der Haustüre hat jemand eine Glasscheibe eingedrückt -- das muss zwischen meiner Besichtigung und meiner Ankunft geschehen sein. Natürlich weiss niemand, wer es war, weil die Verantwortlichen nicht für die Reparatur zahlen wollen.

Thursday, 12 June 2008

Einleben in Schottland

Guten Tag, wieder einmal!

Bevor dieser Blog wegen Nichtgebrauchs vielleicht noch ausgeschaltet wird, endlich wieder Mal ein paar Gedanken.

Seit fünf Wochen bin ich ja jetzt in Oban, der schönen Pforte zu den Hebrideninseln an der schottischen Westküste. Viele meiner Bekannten finden, sie kämen mich ganz gerne mal besuchen, aber Schottland sei ja so kalt und nass. Nun, das von Regen und Kälte hat bis vorgestern ja überhaupt nicht gestimmt: in den fünf Wochen, die ich jetzt hier bin, hat es genau fünf Mal geregnet, und gestern — an einem der kälteren Tage — kam ich beim Rasenmähen an der Sonne ganz schön ins Schwitzen! Heute ist zwar eher kühl gemeldet, und am Dienstag habe ich die dicken Socken hervorgezogen, doch haben wir auch heute wieder Sonne, obschon jetzt grad ein paar Wolken aufziehen.

Das vom regnerischen Schottland ist überhaupt eher ein Klimamythos der Vergangenheit: Die Klimaerwärmung macht sich hier, wie in der Schweiz, extrem bemerkbar, und das Bisschen Regen der letzten paar Tage war hochwillkommen. Nie hätte ich gedacht, dass wir in Schottland über Trockenheit würden klagen müssen, aber das war in den letzten Wochen der Fall!

Meine Nachbarn sind die allermeisten extrem nett. Nur der von seinem Vater alleine aufgezogene Junge von unten ist in den schlimmsten Flegeljahren (und hat vielleicht auch ein Hyperaktivitätssyndrom). Er foutiert sich absolut um alles, was nicht er selber ist. Ist sehr interessant, mir selber dabei zuzugucken, wie ich damit umgehe. Von nett mich vorstellen und um Ruhe bitten übers Klopfen wie die Frau Meier in Mani Matters Lied bis zur Polizei morgens um zwei und um vier Uhr habe ich inzwischen das ganze Spektrum durchgespielt und schliesslich den lokalen Environmental Health Officer (Gemeindebeamter für Lärm- und Schmutzbekämpfung) eingeschaltet. Immerhin hat der bereits dafür gesorgt, dass zwei Türschliesser besser eingestellt worden sind, so dass die Türen im Parterre nicht mehr jedes Mal zuknallen, als ob ein Erdbeben durchs Haus führe und die Wände und Böden zittern. Die Leute (Vater und Sohn plus Freundin) sind zwar ganz nett, aber eher einfach gestrickt. Sie haben offensichtlich eine sehr dicke Haut und/oder sind schlicht schwerhörig! Und das Haus ist extrem hellhörig -- vor 75 Jahren wurden Sozialwohnungen gebaut, wo der Schallschutz überhaupt nicht beachtet wurde: es gibt keine doppelten Wände zwischen den Häusern; die Böden und Wände sind dünn; ich vermute auch, es hat direkte Verbindungen von Wohnung zu Wohnung (Leitungen, leere Stellen in den Mauern), denn ab und zu kriege ich sehr direkt mit, was in der Küche neben- oder untendran gekocht wird. Aber die Wohnung gefällt mir trotzdem, ist hell, geräumig, sehr, sehr praktisch gelegen (10 Fussminuten von allem, was mir wichtig ist: Hafen und Meer, Bahnhöfli, Busbahnhof; Läden, Banken, Coiffeur, Bibliothek, Pub...).

Ich versuche, die Nachtruhestörungen und alles mit Humor zu nehmen, was aber bei maximum zwei, drei Stunden ungestörtem Schlaf pro Nacht nicht immer ganz leicht ist. Aber ich habe auch schon sechs Stunden am Stück geschlafen, was in Bern kaum je der Fall war. Und so lebe ich nach dem Prinzip Hoffnung: Es wird immer besser und besser!

Denn wenn Ruhe herrscht im Haus, ist es paradiesisch — und so kann ich immer wieder auftanken und mich völlig erholen. Heute bin ich zum Beispiel gegen vier Uhr aufgewacht zum schönsten Vogelgezwitscher — mir völlig unbekannte Vogelstimmen -- und im Hintergrund das leise Glucksen des (sauberkeitsmässig gar nicht über alle Zweifel erhabenen) Bächleins, das unten am Garten (in einem hässlichen Betontrog) dem nahen Meer zufliesst.

Ein anderes Mal werde ich noch Fotos hochladen (die findet man übrigens schon jetzt auf http://mpj52.blogspot.com, doch ist dort der Kommentar halt auf englisch, und wenn man den Titel dieses Eintrags doppelt anklickt, kommt man auf die Website von Oban Tourismus, die gibts mehrsprachig). Jetzt muss ich unbedingt dringende Arbeiten erledigen, sonst werden meine KundInnen unruhig.

Mehr ein anderes Mal! Herzlichste Grüsse -- ich freue mich auf Rückmeldungen!

Wednesday, 26 March 2008

Friedenmarsch in Bern, 24.3.08

Meine Liebe, mein Lieber
Zwar bin ich am Organisieren wie verrückt, weil ich demnächst nach Schottland auswandere, aber die Teilnahme am diesjährigen Ostermarsch wollte ich mir nicht nehmen lassen, trotz Kälte und Wind und Schnee. Die Sonne haben wir aber auch gesehen!
Der Friede scheint zu schwächeln...Doch mit etwas Hilfe und gutem Willen könnte es doch noch klappen mit einer friedlicheren, menschenfreundlicheren Welt:Bunt ist es sogar, wenn die Sonne nicht so scheint.
Eine kleine, aber wichtige Organisation, die vor Ort Raum für Frieden schafft: pbi - peace brigades international. Mehr darüber unter http://www.peacebrigades.ch
Eine blaue Friedensfahne vor dem glänzenden Bundeshaus -- dort könnte man sich noch mehr wehren gegen die Missachtung der Menschenrechte auf der ganzen Welt, z.B. in Palästina/Israel, Darfur, Tibet, China, Kolumbien, auf Guantánamo, aber auch gleich hier vor unserer Haustür.
Auf bald wieder!

Thursday, 20 March 2008

Ostern 2008 - Ostermarsch in Bern am 24.3.08

Meine Liebe, mein Lieber

Am kommenden Montag ergibt sich hier in Bern eine gute Gelegenheit, für Gerechtigkeit und den Schutz vor Waffengewalt "auf die Strasse" zu gehen.

Der diesjährige Ostermarsch beginnt um 13 Uhr im Eichholz (Wabern, Tram 9 bis Endstation, dann zur Aare hinunter pilgern). Von da gehts gemütlich der Aare entlang durchs Marzili und hinauf zum Münsterplatz, wo gegen 14h30 die Schlusskundgebung stattfindet (bei schlechtem Wetter gehts ins Calvinhaus, Marienstrasse 8).

Es sprechen Rosmarie Zapfl, Marianne Huguenin und Reto Rufer (amnesty international).
Begleitung: Steff la Cheffe (hiphop)
Es gibt feines Essen und Trinken vom Buffet.

Weitere Infos und Details bei http://www.ostermarsch-bern.ch

Ich freue mich, viele bekannte Gesichter zu sehen.

Pax! Peace! Frieden! ¡Paz! Pace! Paix!

Tuesday, 18 March 2008

Nochmals In memoriam Esther G., 1944-2008

Meine Liebe, mein Lieber
Hier noch drei Erinnerungsbilder an die bewegende, wenn auch etwas lang geratene Trauerfeier für Esther letzten Mittwoch Nachmittag.
Es war ein Sturmtag, der Esther gefallen hätte, da waren wir uns alle einig.
Alles Gute, und möge der Schmerz über den Verlust von Esther langsam verebben. Ich bin sicher, dass sie nicht möchte, dass wir alle jetzt unsere Köpfe hängen lassen. Und wenn auch ihr Ende schrecklich war, so ist doch wenigstens ihr Leiden vorbei.

Thursday, 13 March 2008

In memoriam Esther G., 1944-2008

"Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar" (Ingeborg Bachmann, 1959)


Meine Liebe, mein Lieber

Heute muss ich meine Gedanken über den brutalen Selbstmord einer Freundin hier mit Euch teilen.

Der Entscheid von Esther, vor exakt zwei Wochen aus dem Leben zu scheiden — sie hat sich am frühen Morgen in Thörishaus bei Bern von einer Brücke unter den Zug geworfen — hat uns alle überrascht und schockiert.
Schon vor der gestrigen Trauerfeier habe ich mit einigen FreundInnen von Esther gesprochen: Alle bestätigen, dass sie eine unsichtbare Wand um sich herum aufgebaut hatte, in freundlicher, aber bestimmter Zurückweisung praktisch aller Versuche, sie aus sich heraus zu locken. Wir hatten gelernt, damit zu leben, und das war vielleicht falsch. Sie zu bedrängen wäre allerdings ja auch nicht gerade ein Zeichen von Respekt gewesen...
Ich weiss, dass sie mindestens seit letztem Sommer an ziemlich starken Hüftbeschwerden litt. Ob sonst noch eine Krankheit dazu gekommen ist? Aber starke Schmerzen können einen Menschen zur Verzweiflung treiben, und es mag sein, dass sie auf Schmerzmedikation nicht gut ansprach. Schmerzen rauben einem den Schlaf, Schlaflosigkeit ist eine Tortur: Da kann frau ans Ende der Kräfte kommen.
Anfang Jahr hätten wir das 5-jährige Jubiläum unserer Lesegruppe mit ihr feiern wollen, doch hat sie sich telefonisch wegen Grippe entschuldigt — sie klang wirklich krank, als ich mit ihr sprach. Im Februar entschuldigte sie sich wieder. Doch noch am 27.2., also einen Tag vor ihrem Sprung, sprach sie mit einer unserer gemeinsamen Freundinnen und sagte, sie freue sich auf “nächsten Montag”, dem Tag unseres nächsten Treffens (3.3.08). Auch einen langjährigen Freund hatte sie völlig im Dunkeln gelassen über ihre düstere Absicht -- er war gestern völlig aufgelöst, und meine Gedanken sind jetzt vor allem auch bei ihm.
Als sie aber am vorigen Montag nicht erschien, sich nicht abgemeldet hatte und am Dienstag auch mein Anruf ins Leere ging, hatte ich ein schlechtes Gefühl. Sogleich stellte ich die Notizen vom Vorabend zusammen und schickte sie in die Runde. Darauf hat die Präsidentin der Swiss-British Society reagiert, die immer eine Kopie kriegt, und uns die Mitteilung von Esthers Tod weiter geleitet.
Esther hatte alles minutiös vorbereitet: Todesanzeige (die vom 5.3.) selber geschrieben, Lebenslauf, Instruktionen für Pfarrerin, Trauerfeier und Leichenmahl -- alles! Soviel weiss ich aus absolut zuverlässiger Quelle.
Esthers Selbstmord geht mir auch nah, weil ich in Thörishaus noch Verwandte habe und ein paar andere liebe Bekannte. Meine Mutter ist dort aufgewachsen, und ich kenne den Ort immer noch ganz gut. Meine allererste Zugsreise alleine ging von Bern nach Thörishaus, da war ich etwa 6 oder 7. Wie oft habe ich als Kind oben am Bahnbort gesessen, hinter mir Grosis Himbeerstauden, wo die Früchte grün und hart oder gross und dunkelrosa und weich an den dornigen Zweigen hingen, und habe gewartet, bis wieder ein Zug vorbei donnerte.
In Münsingen geht oft jemand unter den Zug, das ist eine berüchtigte Strecke, weil ab und zu Menschen aus der dortigen Psychiatrischen Klinik keinen anderen Weg aus dem Leben finden. Aber in Thörishaus ...?

(Esther am 31.10.2005, Foto MPJ)

Heute geht es mir besser, doch beschäftigt mich dieser Tod sehr. Vor allem kriege ich die beiden Seiten nicht in Einklang — hier die feinfühlige, überaus grosszügige, liebenswürdige Esther, der nichts zuviel war für andere, die allerdings auch nicht besonders gut zu sich selber schaute — dort dieser brutale Gewaltakt am Ende ihres Lebens, der zeugt von absoluter Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Lokführer, der Polizei, den Menschen, die die Überreste ... -- das begreife ich wirklich nicht. Ausser, wenn ich mir vorstelle, dass diese hochintelligente, ihrer Selbst zutiefst unsichere Frau im Innersten eine riesige Wut auf das Leben aufgestaut hatte...
Was uns bleibt ist, diesen Entscheid zu akzeptieren und unser vielleicht ideales Bild von Esther entsprechend zu retuschieren.
Der gestrige Nachmittag passte gut: Es stürmte, als wir an der Nischenmauer im Freien standen. Die Schirme knatterten in Wind und Regen, so dass man die Stimme der Pfarrerin trotz Mikrofon kaum hörte. Richtiges Orkney-Wetter -- es hätte der Orkney-Liebenden, der Schottland-Liebenden gefallen!
Gegen Schluss der langen Trauerfeier mit Predigt in der Kirche hellte es auf; sogar die Sonne schien ein paar Augenblicke lang. Nach dem Leichenmahl war die Brücke trocken, über die wir zum kleinen Bahnhof zurück gingen, und die Sonne schien schräg durch die Kumulus-Wolken.
Es war ein grosses Privileg, diese Frau zu kennen, soweit frau so eine Frau kennen kann:
Esther war die Liebenswürdigkeit in Person, und von unfassbarer Grosszügigkeit, dazu zuverlässig, äusserst belesen, klug, intelligent, einfühlsam, an allem interessiert. Sie hat mir ein paar wunderbare Bücher und Fotos geschenkt, wie sie auch viele andere um sich herum immer wieder grosszügig beschenkt hat.
Erst gestern beim Anhören ihres Lebenslaufes wurde mir klar, mit wem wir es die ganze Zeit zu tun gehabt haben: mit einer Hochintellektuellen, die in Basel Vorlesungen und Seminare über Religion, deutsche und englische Literatur und Geschichte besucht hatte, sodann mit einer Doktorarbeit über Elisabethanische englische Literatur abschloss, die sie unter anderem während ihres Studien- und Assistenzlehrerjahres in Aberdeen, Schottland, schrieb. Da lernte sie auch ihren vielgeliebten Schottischen Dichter, George Mackay Brown, kennen, dessen Werke sie praktisch vollständig und ohne Entgelt ins Deutsche übersetzt hat. Sie sind beim Waldgut-Verlag in Frauenfeld erschienen (http://www.waldgut.ch/content/e35/e682/e563).
Vor noch nicht sehr langer Zeit haben wir uns unterhalten über ihre deutsche Übersetzung eines Gedichts von Roselle Angwin, meiner schriftstellerischen Mentorin aus Devon. Esther hatte Roselle im November 2007 kennen gelernt, als die englische Dichterin in Bern ein paar Workshops und Vorträge hielt (http://www.fire-in-the-head.co.uk).
Typisch Esther: Sie war mit ihrer Arbeit nicht zufrieden, dabei ist es ein wunderschönes Gedicht geworden. Hier ist es:

Ruderschlag
(für George Mackay Brown)

Auf denn: Noch einen auf ihn und auf den Weg –
und den Kiel, und sein scheues
salzgefurchtes und dennoch
jungenhaftes Gesicht

und auf sein Fenster dort,
das ihm die ganze Welt eröffnete.

Einen auf ihn, den Dichter von Stein
und Ufer, von dem was zerschellt ist
oder versunken; und auf das Mädchen
in ihm drinnen,
wie es draussen so nie lebte.

Einen auf den Schuh, den er der See
zurückgab zum Tanzen,
und auf sein ruhiges, stetes
Lobsingen.

Einen auf sein Leben voller
Sonntage, an denen
die andern in der Kirche
"aus Furcht vor den Ältesten auf dem Arsch hockten",

während sich seine Loblieder erschufen
auf einen grimmigeren Gott,
sich erschufen aus Sand und Fels und Sturm
und der unerbittlichen Nähe
der Toten.


Roselle Angwin, 2007
(Übersetzung: Esther Garke, 2007)

Wednesday, 23 January 2008

Vom Leben und vom Sterben

Guten Tag!

Gestern durfte ich mit meinen Eltern den 80. Geburtstag meines Vaters feiern. Sie hatten “open house” und alle Hände voll zu tun, da ging ich ein wenig helfen, aber auch mitfeiern.

Am Mittag kamen Nachbarn zu Besuch. Der Mann musste sich vor ein paar Monaten einer riesigen Operation am offenen Herzen unterziehen und ist inzwischen wieder ganz gut drauf. Er meinte im Lauf des Gesprächs mal kurz und mit rotgeränderten, feuchten Augen, so etwas verändere einen bis ins Innerste. Seine Frau wehrte ab, auch ihre Augen waren tränennass: Nein, nein, er sei doch immer noch der Gleiche. Ihr Ton hatte etwas Flehendes. Aber ich ahnte, was er meinte und sagte ihm dies auch. Seine Gesichtszüge entspannten sich.
Heute muss ich den ganzen Morgen an die Frau denken. Sie kommt mir ganz einsam vor in dieser ganzen Situation und sehr allein gelassen mit ihren Ängsten.

Am Abend waren die zwei Schwestern und ein noch lebender Bruder meiner Mutter mit PartnerInnen eingeladen (mein Vater war Einzelkind, aber meine Mutter hatte vier Geschwister). Es dauerte nicht lange bis das Gespräch ums Sterben kreiste. Eine meiner Tanten erlitt Kinderlähmung als Kind und war seither gesundheitlich immer angeschlagen mit Asthma und anderen Leiden. Sie hat in den letzten zehn Jahren x Mal schon dem Tod ins Auge geblickt. Mein Vater hatte vor ein paar Jahren Prostata-Krebs und sich da bestimmt auch seine Gedanken gemacht, wie wir alle.

Es ergab sich ein gutes Gespräch, in dem vor allem wir Frauen uns einig wurden, dass wir wahrhaftig bleiben wollen, wenns dann mal so weit ist, und uns nichts vorlügen à la “Das kommt schon wieder gut”, oder “Du bist immer noch der/die Alte, auch wenn Du jetzt was ganz Schreckliches durchmachen musst”, sondern möglichst ehrlich und respektvoll wahrnehmen und annehmen, was ist.
Eine meiner Tanten bezog sich wiederholt auf ein Buch von Klara Obermüller zu diesem Thema, das sie tief beeindruckt hatte (s. weiter unten).

Dahinter steckt vielleicht auch die nun schon lange zurück liegende Erfahrung von der Krankheit und vom Sterben meines Grossvaters mütterlicherseits.
Er war ein massiv übergewichtiger Mann mit den entsprechenden gesundheitlichen Problemen (z.B. hatte er offene Beine). Vor allem aber war er ein hochintelligenter, fleissiger Mann, Neuem gegenüber immer sehr aufgeschlossen, der in seinem Dorf vieles angerissen hatte. In der Familie muss er ein patriarchaler Despot gewesen sein und ist, soviel ich weiss, mit seinen Kindern und Untergebenen grob umgegangen. Selber habe ich ihn als sein erstes Grosskind allerdings immer als liebevollen, lustigen Menschen erlebt.
Im Alter von ca. 70 Jahren erkrankte mein Grossvater an Pankreas-Krebs und starb nach wenigen Monaten. Ich war damals im Ausland und habe ihn nicht mehr gesehen, mir aber sagen lassen, er sei am Schluss nur noch Haut und Knochen gewesen, ein Schatten seiner selbst. Aber noch fast zuletzt habe er mit seiner Frau, meiner Grossmutter, Pläne geschmiedet für die nächste grosse Reise. Und niemand habe den Mut gehabt, ihm zu sagen, dass es keine solche gemeinsame Reise mehr geben werde. Über die verheerende Diagnose habe man ihn in Unwissen gelassen.

Ich bin wohl nicht allein mit dem Gedanken, dass man ihm und uns allen damals die Chance genommen hat, sich richtig voneinander zu verabschieden. Mit scheint, dieser Mangel schwingt noch immer mit in allem, was wir heute als Familie miteinander erleben.



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Buchhinweis:
Klara Obermüller, Weder Tag noch Stunde. Nachdenken über Sterben und Tod.
Huber & Co, 180 S., 2. Auflage, 2006, gebunden, ISBN 978-3-7193-1445-3

Am 23.1.08 gefunden auf http://www.alphamusic.de/shop/home/artikeldetails/ID14340832.html :

Kurzbeschreibung
Sterben in der Anonymität eines Großkrankenhauses, Einsamkeit in den schwersten Stunden des Lebens, hilflose Angehörige, überlastetes Pflegepersonal, der Tod an den Schläuchen – das ist für viele Menschen heute Realität am Ende ihres Daseins. Muss es aber nicht sein. Das Aufkommen von Palliativmedizin und die Professionalisierung der Sterbebegleitung haben in letzter Zeit für Umdenken gesorgt. Die Suche nach dem guten Tod, Ars moriendi, ist ein Thema, das die Menschen seit der Antike beschäftigt und bis heute große Beachtung verdient. Klara Obermüller hat in ihrem neuen Buch Erfahrungen mit Krankheit, Serben und Tod zu Papier gebracht, die allen, die in ihrer näheren oder ferneren Umgebung mit der Problematik konfrontiert sind, Denkanstöße und Anregungen zu geben vermögen. Ihre Texte machen Mut und schließen Hoffnung nicht aus. Fern jeglicher Schönfärberei und billiger Tröstungsversuche führen sie die Lesenden hin zu den letzten und wichtigen Fragen um Leben und Tod.
Portrait
Klara Obermüller, geboren 1940 in St. Gallen, ist in Zürich aufgewachsen, wo sie auch die Schulen besuchte, deutsche und französische Literatur studierte und mit einer Arbeit über "Melancholie in der deutschen Lyrik des Barock" promovierte. Schon während des Studiums wandte sie sich dem Journalismus zu, arbeitete zunächst beim du, später bei der NZZ und schliesslich, nach Jahren freiberuflicher Tätigkeit, bei der Weltwoche. Von 1996 bis zu ihrer Pensionierung Ende November 2001 moderierte Klara Obermüller die Sendung "Sternstunde Philosophie" von SF DRS. Heute ist sie als freiberufliche Publizistin, als Moderatorin von Podiumsdiskussionen und als Referentin in der Erwachsenenbildung tätig.

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Am 23.1.08 gefunden auf http://www.seniorweb.ch/index.php?option=com_content&task=view&id=727&Itemid=222 :

Klara Obermüller, Weder Tag noch Stunde. Nachdenken über Sterben und Tod
Rezension von Bernhard Schindler / bpo -- Freitag, 6. April 2007

Klara Obermüller hat im Huber Verlag Frauenfeld ihre früheren Artikel zu Sterben und Tod im Buch "Weder Tag noch Stunde" zusammengefasst. Entstanden ist ein anrührendes Dokument, das die Dinge beim Tod des geliebten Menschen beim Namen nennt und dennoch den Leser nicht ohne Hoffnung und Zuversicht lässt.
Sie stand in den Dreissigern, ihr Mann, der Zürcher Schriftsteller Walter Matthias Diggelmann, war 52, als sich der Tod ohne grössere Ankündigung plötzlich meldete. D. sank zu Boden und konnte sich nicht mehr erheben. Die Diagnose war: Gehirntumor. Es folgte eine Phase der Verzweiflung und Hoffnung. D. wurde operiert und operiert. Und dann, als der Körper immer schwächer wurde, wollte er nicht mehr. Er wollte nur noch eines, zu Hause sterben.

Der letzte Dienst am geliebten Partner
Klara Obermüller schreibt: "Der Gedanke, jetzt wird es Zeit, jetzt muss er wieder ins Spital", kam ganz automatisch, ohne zu fragen: Kann man überhaupt noch etwas tun gegen die Krankheit? Hat die Einweisung ins Krankenhaus überhaupt noch einen Sinn? Die Gleichung Sterben = Krankenhaus ist in unserem Bewusstsein tief eingeschliffen. Sie hat zu tun mit unserer Angst vor dem Tod. (...) In dieser Situation haben mir zwei Menschen den Weg gewiesen: mein Mann selbst und der ihn behandelnde Professor der Universitätsklinik (...) Der Arzt schrieb mir einen Brief, in dem es hiess: "Ich wollte Herrn D. diese Woche in die Klinik aufnehmen, eigentlich um Sie etwas zu entlasten..."
Als ich dies las, fühlte ich mich sehr hilflos, im Stich gelassen von dem Mann, von dem ich vielleicht doch noch – ein Wunder erhofft hatte. Man hatte mir die Entscheidung übertragen. Da war der ausdrückliche Wille des Patienten, zu Hause zu bleiben und zu Hause zu sterben, und da war meinerseits das Gefühl, "lange hälst du das nicht mehr aus, allzu lange reichen deine Kräfte nicht mehr." (...) Da war das indirekt vom Arzt bestätigte Wissen, dass medizinisch kaum mehr etwas getan werden konnte, und da war gleichzeitig die Unfähigkeit, dem immer mehr sich beschleunigenden Fortschreiten der Krankheit tatenlos zuzuschauen.
Ich glaube, es war der Nebensatz "eigentlich um Sie etwas zu entlasten", der mich aufhorchen liess. EinSpitalaufenthalt, der letzte vielleicht und gegen seinen Willen – war es das, was ich wollte?
Klara Obermüller hätte der Versuchung gern nachgegeben. Doch der Arzt hatte ihr signalisiert: "Lassen Sie ihm seinen Willen". „Das wurde nicht mit Worten so ausgesprochen, aber ich habe es so verstanden. Nachdem D. gestorben war, zu Hause, neben mir im Bett, weiss ich auch, dass es richtig war.“

Schuldgefühle von Kranken
Diggelmann hat in dem Jahr, das ihm nach der Tumor-Diagnose noch blieb, seinen Nachlass geregelt, seinen letzten Willen kundgetan, seinen Betrieb geordnet. Er hat sich ein Diktiergerät geben lassen und hat tagebuchartig den tödlichen Verlauf seiner Krankheit beschrieben. Klara Obermüller erlebte auch, wie sich D. plötzlich schuldig fühlte, „dass er mir das – seine Krankheit – angetan hatte. Er sagte viel später einmal: Dass er zum Zeitpunkt unserer Heirat noch keine Ahnung von der Krankheit hatte, änderte nichts an seinen Gefühlen.“

Trauerbewältigung muss jeder selber leisten
Aufgrund der noch zu Lebzeiten Diggelmanns erschienenen Notizen (W.M. Diggelmann, „Schatten, Tagebuch einer Krankheit, 1979“) wurde Klara Obermüller von ihrem Verlag gefragt, ob sie nicht ihre Sicht zu diesem Tagebuch schreiben wolle. Dieser und andere Artikel sind die Grundlage dieses Buches, das seltsam stark berührt und jedem Menschen, der je einen geliebten Nächsten verloren hat, aus der Seele spricht. In diesem Buch versucht die Autorin, mit ihrer Trauer fertig zu werden. Natürlich wird es ihr nicht gelingen, den Schmerz anderer, die einen Liebsten verloren haben, zu lindern. Aber dieses ohne Schnörkel und Sentimentalitäten geschriebene Buch mit der Ehrlichkeit einer Klara Obermüller und ihrer Offenheit macht Mut, sich mit Sterben und Tod überhaupt auseinander zu setzen.

Zu Karfreitag 2007
Ich habe den Wunsch geäussert, dass diese Würdigung von „Weder Tag noch Stunde“ im Seniorweb am Karfreitag erscheint. Für reformierte Christen ist dieser Tag der höchste Feiertag der Opferung und Erlösung aller Menschen durch Jesus; für Katholiken ist die Auferstehung Christi an Ostern wichtiger als Karfreitag: „Christus ist wahrhaft auferstanden!“.
Wenn wir zuschauen müssen, wie ein Mensch stirbt und wissen, dass wir ihm wenigstens in diesem Leben nie wieder begegnen können, dann empfinden wir hundselende Trauer. Dennoch reift Hoffnung, denn Sterben und Tod gehören zum Leben wie die Geburt, die Kindheit, die erste Liebe und das Altern. Klara Obermüllers Buch über das Sterben gibt Kraft und Zuversicht. Und hat in mir den Wunsch geweckt, wieder einmal in den bekannten, aber längst im Bücherschaft verstaubenden Diggelmann-Romanen zu stöbern und zu lesen, und auch, mich mit Klara Obermüllers Berichten über Alzheimer („Es schneit in meinem Kopf“) oder Erzählungen aus dem Rentnerdasein („Ruhestand? Nein danke“) zu befassen.

Klara Obermüller, Weder Tag noch Stunde, Nachdenken über Sterben und Tod, Huber Verlag 2006, ISBN 978-3-7193-1445-3
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Gedankenfäden Ouagadougou-Bern

Ouagadougou, Dienstag, 23.1.08:

Liebe M.

Herzlichen Dank fuer deine anregende Rueckmeldung; du hast natuerlich Recht. Der AIDS Medienrummel laesst andere Ungerechtigkeiten und Schicksale vergessen; allgemein aber vergessen wir hinter all den Zahlen und Statistiken, mit denen wir ueberschuettet werden, dass dahinter Menschen, Schicksale stehen. AIDS ist da ein Beispiel, es gibt leider zu viele andere. Und dass es auch uns haette treffen koennen, das vergisst man manchmal...

Und leider werden auch im HIV/AIDS-Bereich die meisten Gelder fuer Praevention, Forschung oder medizinische Unterstuezung ausgegeben, und nur wenig ist vorhanden fuer die psychosozialen Folgen von AIDS, das gerade hier in Afrika mit Armut und Ausgrenzung verbunden ist...

Aber viel bleibt zu tun, viele Ungerechtigkeiten, viel Leid gibt es auf dieser Welt ... doch wenn jeder kleine Schritte tut...?

Und gerade deshalb ist ja der Austausch mit anderen Menschen wie dir oder PBI so schoen, da man sich gemeinsam findet im Bestreben, der Ungerechtigkeit und der Lieblosigkeit einen Gegenpol zu schaffen und sich gegenseitig in dieser Arbeit, und sei sie noch so 'klein", zu staerken...

Wuensch dir eine ganz schoene Woche und sende dir ein paar warme Sonnenstrahlen aus Ouaga

Herzlich

E.


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Bern, Dienstag, 23.1.08:

Liebe E.

Ich habe Deine Gedanken zum Leben mit der positiven AIDS-Diagnose gelesen — hab vielen Dank!

Darf ich hier rasch meine Gedanken skizzieren? Wir alle, die wir leben, sind zum Tod verdammt, denn wir sind alle sterblich. Leider vergessen das aber die meisten Menschen die meiste Zeit und tun so, als wäre unsere Zeit hier endlos.

Manchmal fühle ich ein wenig Ärger aufsteigen in mir, wenn ich vergleiche, wie viel Medienpräsenz AIDS-Infizierte haben im Vergleich zur inexistenten Präsenz von Menschen mit Hirnverletzungen oder Menschen mit Parkinson oder MS oder Krebs oder Kriegsversehrungen. Vielen von ihnen sieht man auch nichts an und doch leiden sie unsägliche Qualen und werden ausgegrenzt.

Versteh mich bitte nicht falsch: Ich möchte keine dieser Gruppen gegeneinander ausspielen und sagen, das eine ist schlimmer oder weniger schlimm als das andere. Aber einfach manchmal ein wenig relativieren und sagen: Hey, das Menschenleben ist ungerecht. An vielen, viel zu vielen Orten auf dieser himmeltraurigen und doch so wunderschönen Welt ist ein Leben völlig wertlos, und an anderen Orten werden Hunderttausende von Franken oder Dollars ausgegeben, um ein einziges Leben zu retten. Diese Ungerechtigkeit erdrückt mich manchmal fast.

Dir bin ich sehr dankbar für Deinen Einsatz für Menschen, die noch viel ungerechter behandelt werden — hier in der Schweiz ist es sicher schon schlimm genug, wenn man eine schlimme Krankheit diagnostiziert bekommt. In Ouagadougou muss es unvorstellbar sein!

Darum wünsche ich Dir immer wieder viel Mut und Ausdauer. Und schicke Dir einstweilen ganz herzliche, leider viel zu wenig winterliche Grüsse aus Bern

M.

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Ouagadougou, 22.1.08:

Comme vous savez je travaille dans un centre qui s'occupe de la prise en charge des personnes vivant avec le VIH/Sida. Mais comme vous le savez peut-être aussi, on ne peut pas reconnaître comme cela les personnes infectées, sauf les personnes qui sont déjà três malades et qui portent des symptomes des maladies opportunistes ... Donc moi dans mon travail quotidien, j'oublie souvent que les personnes sont porteur d'un virus qui est mortel pour eux...
Ce samedi, on n'avait pas grand monde au centre, donc je me suis decidée spontanément de me faire dépister et ainsi également de faire connaissance avec le service de dépistage de l'association.
C'était vraiment intéressant: mes collègues ont été assez surpris de voir que moi-même je faisais un test. Ils ont bien appliqué toute la procédure et m'ont posé toutes les questions pour évaluer mon "risque"...
Je prends tout à la légère car je suis convaincue d'etre négative et de faire le test rien que par routine.

Puis on me pose la question sur ce que je ferais si les résultats étaient positifs ... Et là, j'ai eu quand même ... Je commence à réfléchir un peu et à me sentir vraiment bizarre. Si moi j'étais positive ... Moi aussi, je suis concernée par cette maladie mortelle, et moi non plus, je ne suis pas écartée à 100% du risque de m'infecter ... Et je commence à réflechir si je n'ai vraiment pas couru de risque ces derniers mois depuis le dernier test ...
Bon, je me rassure apres un petit moment de doutes, la prise de sang avec une seringue neuve, pas de soucis alors. Je dis au revoir et je pars en weekend et j'oublie toute la question.
Donc ce matin je me rappelle du coup que je devrais encore aller chercher le résultat. Je fais la queue comme tout le monde pour avoir une consultation. J'attends et je commence à me sentir bizarre .. Et si quand-même ? Si j'avais eu une blessure, on a mis le préservatif trop tard? On a pas oublié une fois ou bien...? etc. etc. Je commence à m'angoisser un peu. Je regarde les gens autour de moi et je me rends compte qu'on est tous dans la même situation. Il n'y a pas de "eux" les patients, et de "moi" l'assistante sociale.

Finalement c'est mon tour. Je choisis une conseillère femme parce que je me dis quand-même, si jamais ... je prefererais que c'est elle qui me donne le résultat.
Elle cherche dans ses papiers, me demande encore une fois si je suis prête pour obtenir le résultat - et je vous jure que j'avais peur. En plus qu'elle trouve une enveloppe dans mon dossier et moi je sais que tous nos patients ont ces enveloppes-là, normalement avec leur résultats POSITIFS dedans ... J'ai peur vraiment.
Finalement la conseillère me libère des mes angoisses: avec un grand sourire elle me passe mon résultat, ou c'est marqué en rouge: "négatif". Je suis heureuse.

Je pars pour continuer à travailler, je traverse le centre et les couloirs avec les patients, et me rends compte quelle chance que j'ai ... Les gens ici n'ont pas eu la chance d'avoir comme moi un résultat négatif, leur vie s'est changée depuis ce moment-clé du test, le résultat positif, une condamnation à mort, à court ou long terme...des conséquences imaginablement lourdes - pour moi la heurese avec mon test négatif. Et je me jure de ne pas oublier mes angoisses que j'avais en faisant le test et de ne pas oublier que nous tous sommes concernés ...

E.